Es ist eine eindrucksvolle Landschaft“, schrieb der Schriftsteller Euclides da Cunha 1902 über den Sertão, das Hinterland des brasilianischen Bundesstaates Bahia. Im Sommer, wenn die Sonne monatelang erbarmungslos auf die karge Landschaft brennt, ziehen sich tiefe Risse durch das Erdreich, im Winter prasseln schwere Regen auf die baumarmen Steppen. Trotz dieser Widrigkeiten ließen sich entlaufene Sklaven, Indios und Mestizen im Lauf der Jahrhunderte dort nieder und gründeten kleine Siedlungen. Sie hielten Ziegen und Maultiere und handelten mit Fleisch, Häuten, Leder, Matten und Körben, die sie entlang der Transportroute in den Nordosten Brasiliens verkauften. An diesem Weg lag auch ein Weiler namens Canudos. Heute gibt es ihn nicht mehr. Er wurde für einen Stausee geflutet. Und doch gehört Canudos zur Geschichte Brasiliens wie Rio de Janeiro oder Salvador da Bahia. Einigen gilt es bis heute als mystischer Ort; vielen als Symbol zivilgesellschaftlichen Widerstandes gegen einen elitären Staat, der seine eigenen Bürger verachtete, wenn ihre Hautfarbe dunkel war.
Canudos steht für einen beispiellosen Krieg, den die junge Republik Brasilien von November 1896 bis Oktober 1897 gegen die Bewohner der Siedlung führte. Vier Mili-tärexpeditionen mit über 30 Bataillonen aus Nord- und Südbrasilien, 12 000 Soldaten, 100 Krupp-Kanonen aus Deutschland und große Mengen Dynamit waren nötig, um eine armselige Stadt von 5000 Lehmhütten dem Erdboden gleichzumachen. Wie, fragt man sich, konnten diese „Hinterwäldler“ die nationale Ordnung überhaupt bedrohen? …
Den vollständigen Artikel lesen Sie in DAMALS 8/2015.
PD Dr. Ursula Prutsch