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Elefantenjagd in Syrien

Titelthema extra

Elefantenjagd in Syrien
In Syrien wurden einst Elefanten gejagt; davon zeugt ein großer Knochenfund im Königspalast von Qatna.

Der Elefant ist in erster Linie durch Hannibals Zug über die Alpen im Jahr 218 v. Chr. in die Weltgeschichte eingegangen. Auf diesem Feldzug führte der Karthager 37 seiner legendären und gefürchteten Kriegselefanten mit sich. Aber auch schon vorher hatten Achämeniden, Makedonen, Seleukiden und Meroiten Kriegselefanten in ihren Reihen. Der hellenistische Herrscher Seleukos I. etwa hielt 500 importierte Elefanten in der Stadt Apameia am Orontes in Syrien.

Für die Antike hat die Forschung von alters her versucht, zwischen asiatischen und afrikanischen Elefanten im Besitz der antiken Herrscher zu unterscheiden. Man geht davon aus, dass die Tiere der verschiedenen Armeen aus Indien, respektive aus Äthiopien bzw. dem Sudan importiert worden waren. Neben diesen beiden bekannten Spezies der Dickhäuter steht eine weitere, der „syrische“ Elefant. Die Hinweise verdichten sich immer mehr, dass Elefanten einst in Syrien heimisch waren, obwohl dies für den heutigen Besucher aufgrund des im Westen medi‧terranen und im Osten ariden Charakters der Landschaften Syriens sehr überraschend klingen mag. Vereinzelte Knochenfunde von Elefanten aus bronze- und eisenzeitlichen Fundorten in Syrien, dem Irak und Südostanatolien haben diese Vermutung in den letzten Jahren erhärtet. Paläozoologen gehen davon aus, dass es sich dabei um eine Unterart des asiatischen Elefanten gehandelt haben dürfte (Elephas maximus asurus).

Im Jahr 2008 kam nun erstmals ein großer archäologischer Fund von Elefantenknochen in Vorderasien ans Tageslicht. Im Königspalast von Qatna fanden sich sieben große Elefantenknochen, von denen die meisten sogar vollständig waren. Dazu gehören ein Schulterblatt, ein Schienbein, ein Oberarm, mehrere Wirbel sowie Teile des Beckens. Obwohl die Knochen in zwei verschiedenen Räumen des Nordwestflügels des Palastes gefunden wurden, könnte es sich um die Überreste eines einzigen Tieres handeln.

Bei ihrer Untersuchung und Vermessung der Knochenreste stellte die Archäozoologin Emmanuelle Vila-Meyer fest, dass es sich bei dem ausgewachsenen Tier um ein sehr großes, stämmiges Exemplar gehandelt hat, deutlich größer als die heutigen asiatischen Elefanten. Weitere Forschungen sollen nun das Aussehen des Elefanten von Qatna, seine Lebensweise und seine Artenzu‧gehörigkeit klären helfen. Der spektakuläre Fund ist also für die Erforschung der „syrischen Elefanten“ von großer Bedeutung, aber er gibt auch in vielerlei Hinsicht Rätsel auf.

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Besonders mysteriös ist der Fundort der Elefantenknochen. Bei einem der beiden Räume handelt es sich um einen nur drei mal drei Meter großen, schachtartigen Raum im Untergeschoss des Palastes, der keine Tür besaß, sondern nur von oben, aus dem Erdgeschoss des Palastes, zugänglich war. Die Knochen waren am Grund des Raumes in fünf Metern Tiefe sorgfältig abgelegt worden. Der andere Raum mit Elefantenknochen besaß einen Fußboden auf dem Niveau des Hanggeschosses, auf dem die Knochen abgelegt worden waren. In beiden Räumen sind bisher keine anderen Funde angetroffen worden. Folglich sind die Elefantenknochen absichtlich und mit Sorgfalt in den ansonsten leeren Räumen deponiert worden. Der Grund für diese Deponierung bleibt uns bislang verborgen.

Warum bringt man überhaupt Knochen eines Elefanten in einen Königspalast? Hat man den Elefanten verspeist? Es finden sich keinerlei Schnittspuren an den Knochen, die diese Hypothese erhärten könnten. Handelte es sich um Jagdtrophäen? Dies ist sehr wohl möglich, denn wir wissen, dass die Jagd auf Elefanten im Alten Orient zum königlichen Prestige beitrug.

Die berühmteste Episode ist die Elefantenjagd des ägyptischen Pharaos Thutmosis III. (147 –1425 v. Chr.). Er prahlte damit, 120 Tiere erlegt zu haben. Interessanterweise fand diese Jagd während seines Syrien-Feldzugs statt, bei der Stadt Nija (wahrscheinlich das spätere Apameia), die etwa 80 Kilometer nordwestlich von Qatna lag. Auch bei den assyrischen Königen war die Elefantenjagd beliebt. Tiglat-Pilesar I. (1117–1077 v. Chr.), Assurnasirpal II. (883– 859 v. Chr.) und andere brüsteten sich damit. Die letzten Elefanten in Syrien wurden wohl im 8. Jahrhundert v. Chr. erlegt, danach waren sie in Vorderasien ausgerottet.

Der Fund aus Qatna datiert in den ersten Abschnitt der Späten Bronzezeit (ca. 1500 –1350 v. Chr.). Er zeigt, dass auch die Herrscher von Qatna der Elefantenjagd nachgegangen sind. Damit konnte der König Mut und Stärke unter Beweis stellen. Selbstverständlich war die Gewinnung von Elfenbein, aus dem wertvolle Luxusobjekte für den Palast hergestellt wurden, ein willkommener Nebeneffekt. Vermutlich war sogar das Bestreben, das begehrte und seltene Elfenbein für die Königshöfe zu monopolisieren, der Grund für das königliche Privileg auf die Elefantenjagd.

Als bevorzugte Jagdregionen in Syrien erscheinen in den ägyptischen und assyrischen Quellen die Täler des Orontes in Westsyrien bzw. des Euphrats und seiner Nebenflüsse in Nordostsyrien. Die erst in der Neuzeit trockengelegten Sümpfe der breiten Orontes-Senke sind als idealer Lebensraum für Elefanten anzusehen. Hier jagte Thutmosis III. die größte Herde, über die jemals im Alten Orient berichtet worden ist, und der Alexander-Nachfolger Seleukos I. hielt hier 1150 Jahre später seine 500 Kriegselefanten. Sicherlich zog auch der König von Qatna in das nahe gelegene OrontesTal zur Elefantenjagd.

Prof. Dr. Peter Pfälzner

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