In der letzten Zeit ist ein Trend zu beobachten, gesellschaftliche Daten und Statistiken in ansprechenden Graphiken verbildlicht in Büchern zu publizieren. Bekannte Beispiele hierzulande sind das mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Buch von Ralf Grauel und Jan Schwochow „Deutschland verstehen“ (Berlin 2012), das Infographiken zu Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur bringt. Ein weiteres Beispiel ist jüngst „Da war doch was …: In 100 Grafiken durch die Weltgeschichte“ von James Ball und Valentina D’Efilippo (Hamburg 2013).
Grundsätzlich ist dieser Trend zu begrüßen und ein echter Mehrwert gegenüber der trockenen Beschreibung entsprechender Sachverhalte. Das Buch von Peter Doyle geht scheinbar auch in diese Richtung. „Der Zweite Weltkrieg in Zahlen“ aus dem Bucher Verlag, eine Übersetzung der 2013 veröffentlichten englischen Originalausgabe, vermittelt auf 223 Seiten in überaus professionellem Erscheinungsbild Statistiken als Infographiken im Großformat mit kurzen kommentierenden Texten.
Diese werden in die sechs Kapitel Kriegsvorbereitungen, Feldzüge, Waffen und Innovationen, Luftangriffe, Seeschlachten und Opfer untergliedert. Die Gliederung und die darin wiedergegebenen Fakten machen bereits das erste Problem des Buchs deutlich: Der Autor, der sich selbst auf seiner Homepage als „Battlefield Specialist“ bezeichnet, gibt hier ein Bild des Zweiten Weltkriegs wieder, das im Wesentlichen von einer rein militärischen Sicht geprägt ist. Wir erfahren zahlreiche Details zum Beispiel über die in der Luftschlacht in England eingesetzten Flugzeuge, die Gewehre der Kriegsgegner oder zu Hitlers Schlachtschiffen, sehr wenig dagegen zu wirtschafts- oder sozialhistorischen Aspekten. Der Holocaust wird auf gerade mal zwei Doppelseiten abgehandelt.
Zweitens ist keine Graphik oder Statistik direkt mit einer Quellenangabe belegt. Man findet lediglich summarisch im Anhang eine Liste von teilweise zweifelhaften Publikationen und Internet-Adressen. Wichtige und durchaus verwendbare Quellen fehlen in der Auflistung. Hier wäre es zumindest wünschenswert gewesen, auf die im Einzelfall vorhandene oder eben mangelnde Verlässlichkeit der Daten und damit der Graphiken hinzuweisen.
Drittens schließlich ist eine Reihe von Graphiken visuell irreführend oder sogar technisch falsch: Zum Beispiel werden die deutschen und alliierten Verluste auf Kreta in Form von Kreisdiagrammen dargestellt, bei denen auch jeweils der Radius der Kreissegmente variiert, ohne dass die Längen numerische Informationen repräsentieren. Bei einer weiteren Anzahl von Graphiken entsprechen die Proportionen der Linien und Flächen nicht den Zahlenproportionen.
Insgesamt bleibt also ein durchwachsener Eindruck zurück: Eine an sich gute Idee, den Zweiten Weltkrieg in seinen erschreckenden Dimensionen auch statistisch anschaulich einem breiteren Publikum nahezubringen, wurde hier leider inhaltlich problematisch und technisch fehlerhaft umgesetzt.
Rezension: Dr. Thomas Rahlf