Alle reden heute von „Krise“, etwa von der Krise der Politik oder der der Banken; beschworen wird die Flüchtlingskrise. Verbunden damit ist oft die Aufforderung zum schnellen Handeln, mit dem „die Krise“ überwunden werden soll. Wie aber ist eigentlich das moderne Konzept der Krise entstanden, und seit wann beschreiben Zeitgenossen ihre Welt als krisenhaft? Das war das Thema einer Tagung an der Universität Konstanz. Ein Aufsatzband präsentiert die Erträge.
In seiner instruktiven Einleitung spannt Rudolf Schlögl den Fragehorizont auf und charakterisiert die verschiedenen Bedeutungsebenen des Krisenbegriffs, der, zunächst die medizinische Beschreibung eines Krankheitsverlaufs fassend, zu einem wichtigen Begriff der politisch-sozialen Sprache wurde.
Die Beiträge berücksichtigen verschiedene europäische Länder. So wird Italien um 1600 ebenso zum Untersuchungsgegenstand wie England und Frankreich im 18. Jahrhundert, der schweizerische Bauernkrieg von 1653 oder Lübeck nach dem Dreißigjährigen Krieg. Dort etwa sprach man noch vom „Niedergang“ angesichts ruinierter Stadtkassen und innerstädtischer Konflikte, während in England im Verlauf des 18. Jahrhunderts der Krisenbegriff eine sprunghafte, durch die Medien beförderte Ausbreitung erfuhr.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger