Eine faszinierende Sicht auf das Istanbul des frühen 20. Jahrhunderts eröffnet das Buch des amerikanischen Historikers Charles King. Als Epizentrum des rasanten Wandels des Osmanischen Reichs zur türkischen Republik wählt King das Istanbuler Luxushotel „Pera Palas“, das, 1892 eröffnet, von der „Compagnie Internationale des Wagon-Lits“ betrieben wurde. Agatha Christie schrieb in diesem Hotel ihren „Mord im Orientexpress“, Mustafa Kemal, später Atatürk genannt, wohnte in Zimmer 101.
King bescheibt mitreißend das lebendige, multikulturelle Leben im Europäerviertel Pera mit all seinen Widersprüchen zum muslimischen Istanbul. Harem und Jazzklub, traditionelle und mondäne Lebensweise standen sich gegenüber. Die ungeheure Umwälzung, die die westlich inspirierten Reformen Atatürks für die Bevölkerung bedeuteten, werden nachvollziehbar, aber auch die Kosten dieser tiefgreifenden kulturellen und politischen Revolution etwa für die nicht-muslimischen Minderheiten. Beigegeben sind dem Buch stimmungsvolle Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Istanbul vergangener Tage.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger