Melvin J. Lasky, als Sohn polnischer Juden in New York aufgewachsen, kam 1945 als amerikanischer Militärhistoriker nach Europa. Er sollte eine offizielle Geschichte der alliierten Invasion verfassen. Zwischen Januar und Dezember 1945 führte er aber auch ausführlich Tagebuch. Dieses unbedingt lesenswerte Zeitdokument liegt jetzt auf Deutsch vor.
Fassungslosigkeit, nicht Triumph, begleitet Laskys Weg von der Normandie ins Herz des zerstörten Deutschland. Angesichts der allgegenwärtigen Verwüstungen, der Not und der Teilnahmslosigkeit der Menschen fragt er sich, wie Deutschland je wieder ein freies, friedvolles Land werden könne und was aus den Kindern werde, die in einer so „gedemütigten Welt“ aufwachsen. Die Liebe zu Frieden und Freiheit müsse man den Deutschen vermitteln.
Kritisch blickt er auch auf die US-Verwaltung, die zu wenig konsequent gegen Nazis vorgehe, und auf das Verhalten der amerikanischen Soldaten, die, wie er findet, die Notlage deutscher Frauen skrupellos ausnutzen. Lasky, der gut Deutsch sprach, ließ sich nach seinem Ausscheiden aus der Armee 1946 dauerhaft in Berlin nieder und gründete die bedeutende politische Zeitschrift „Der Monat“.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger