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Drache und Federschlange – Europas Griff nach Amerika und China 1519/20

Gruzinski, Serge

Drache und Federschlange – Europas Griff nach Amerika und China 1519/20

Die spanische Eroberung des Aztekenreichs ist schon häufig beschrieben worden. Der französische Historiker Serge Gruzinski, ein Experte für die Kolonialgeschichte Lateinamerikas, wählt hier eine neue Sichtweise auf dieses epochale Ereignis, indem er es einem fast zeitgleichen Unternehmen gegenüberstellt: der portugiesischen Gesandtschaft nach China. Dieser Vergleich soll verdeutlichen, dass die Überlegenheit der Europäer über außereuropäische Reiche am Beginn der Neuzeit keineswegs selbstverständlich war.

Das Scheitern der Portugiesen hatte nichts mit mangelnden Fähigkeiten ihres Perso-nals zu tun, denn der Leiter der Gesandtschaft, Tomé Pires, war einer der besten Kenner Ostasiens. Dass seine Gesandtschaft, die bis an den Hof des Kaisers Zhengde vordrang, unverrichteter Dinge abziehen musste und ihre Mitglieder schließlich inhaftiert und getötet wurden, lag vielmehr an Begleitumständen wie Zheng-des Tod und den Aktivitäten portugiesischer Freibeuter an der chinesischen Küste.

In einem strukturellen Vergleich weist Gruzinski auf die ablehnende Haltung der chinesischen Bürokratie gegenüber ausländischen „Barbaren“ und die lange Erfahrung Chinas im Umgang mit Fremden hin. Die Azteken hingegen waren auf die spanische Invasion nicht vorbereitet, den eingeschleppten Krankheitserregern schutzlos ausgeliefert und hatten der technologischen Überlegenheit der Spanier wenig entgegenzusetzen. Neben solchen Unterschieden gab es aber auch Gemeinsamkeiten: So traten die Eroberer Mexikos als Gesandte auf, während die Diplomaten in China insgeheim Eroberungspläne schmiedeten.

Außerdem geht es dem Autor darum, die Verflechtungen zwischen zwei scheinbar unverbundenen Ereignissen aufzuzeigen. Bevor die Spanier in Mittel- und Südamerika auf große indianische Reiche stießen, waren die Reichtümer Asiens ihr Ziel gewesen. Fast zeitgleich mit der Eroberung Mexikos suchte Ferdinand Magellan den westlichen Seeweg zu den Gewürzinseln (Molukken), und Hernán Cortés wie auch die späteren Vizekönige starteten von Mexiko aus eine Reihe von Pazifik-Expeditionen. Diese führten schließlich zur Errichtung eines Außenpostens auf den Philippinen, wo spanische Jesuiten um 1580 von der Eroberung und Christianisierung Chinas träumten.

Solche globalen Zusammenhänge können Gruzinski zufolge dazu beitragen, „die großen Entdeckungen neu zu bewerten und Beziehungslinien zum Vorschein zu bringen, die in der europäischen Geschichtsschreibung übersehen oder übergangen wurden“. Gruzinskis essayistische Darstellungsweise setzt Grundkenntnisse voraus. Das Buch ist zudem nicht frei von Redundanzen und hätte ein gründlicheres Lektorat verdient gehabt. Eine anregende Lektüre ist es jedoch allemal.

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Rezension: Prof. Dr. Mark Häberlein

Gruzinski, Serge
Drache und Federschlange – Europas Griff nach Amerika und China 1519/20
Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York 2014, 347 Seiten, Buchpreis € 34,90
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