Schon einmal, nach 1945, galt es in Deutschland, einer großen Zahl von Flüchtlingen ein erstes Dach über dem Kopf zu bieten und über eine Bleibeperspektive zu entscheiden. Dafür steht paradigmatisch das Lager Friedland bei Göttingen. 1945 von der britischen Militärverwaltung als Provisorium eingerichtet, existiert es bis heute. Ob Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Osten, Kriegsheimkehrer oder Spätaussiedler, sie alle verbrachten einige Tage oder Wochen in Friedland, bis sie ihren Weg in andere Orte fanden.
Sascha Schießl hat sich mit der Geschichte des Lagers und seinen Funktionen befasst. Außerdem analysiert er Friedland, das emphatisch als „Tor zur Freiheit“ bezeichnet wurde, als bundes‧republikanischen Erinnerungsort. Vor allem die „Heimkehr der Zehntausend“, der hochemotionale Empfang der letzten aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft freigelassenen deutschen Soldaten in Friedland, ist im kollektiven Gedächtnis fest verankert. Schießl legt dar, wie sehr im Kalten Krieg das Lager Friedland zum Ort der „deutschen Opfer“ von Krieg und kommunistischer Diktatur wurde, während die Untaten der Nationalsozialisten keine Erwähnung mehr fanden.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger