Als ewiger Widersacher Martin Luthers ist er in die Geschichte eingegangen: der Theologe und Reformator Thomas Müntzer. Er steht für den Versuch, eine gerechte Gesellschaft nicht erst im Jenseits erhoffen, sondern im Diesseits errichten zu wollen; ein gescheiterter Versuch, für den nicht nur er starb. Der Hamburger Historiker Hans-Jürgen Goertz hat seine dem Sozialrevolutionär gewidmete Biographie von 1989 erweitert und aktualisiert. Er folgt den spärlichen Spuren von Kindheit und Studium Müntzers sowie von dessen frühem Wirken. In Zwickau, später in Allstett, fand der charismatische Prediger eine große Anhängerschar für seine mystisch-spiritualistisch inspirierte Theologie und seine sozialkritische Gesellschaftsvision, die daraus hervorging. Sehr deutlich wird, dass Müntzer in der Überzeugung apokalyptischer Dringlichkeit handelte; daher wurde ihm die Bauernkriegsschlacht von Frankenhausen 1525, bei der er voranschritt, zum Endkampf gegen das Böse. Müntzer glaubte, das Recht auf Gewaltanwendung zu besitzen; hier hätte man sich (nicht nur angesichts heutiger selbsternannter Gewaltapostel) eine kritischere Bewertung des Autors gewünscht. Dennoch: Sein Buch leistet einen wichtigen Beitrag zum Reformationsjubiläum. Nicht nur Martin Luther, viele Theologen im evangelischen Lager stritten um den richtigen Weg zum Heil. Zu diesem Konzert der Stimmen gehört Thomas Müntzer unbedingt dazu.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
