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Rom – Vom Mittelalter zur Renaissance

Esch, Arnold

Rom – Vom Mittelalter zur Renaissance

Die Pilger, die im Heiligen Jahr 1400 nach Rom kamen, sie hätten allen Grund gehabt, enttäuscht zu sein. Auf dem Forum Romanum weideten Ziegen, in den Trümmern der einstigen Millionenstadt hatten sich kaum mehr als 20 000 Einwohner eingenistet, so gut es eben gehen mochte, und selbst innerhalb der spätantiken aurelianischen Stadtmauer war man nicht sicher vor Wegelagerern und Wölfen.

Nicht einmal 100 Jahre später hatte die Ewige Stadt ein vor diesem trüben Hintergrund kaum glaubliches Comeback vollbracht, war sie von neuem zu einem politischen, künstlerischen und kulturellen Zentrum von europäischer Ausstrahlungs- und Anziehungskraft geworden: die Stadt der glanzvollen Renaissance-Päpste und humanistischen Gelehrten, in der Michelangelo und Raffael wirkten.

Arnold Esch, bis zu seiner Emeritierung langjähriger Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Rom, erzählt in seinem jüngsten Buch mit bezwingender Leichtigkeit, wie dieser staunenerregende Wiederaufstieg zustande kam. Esch kennt seine Quellen hervorragend, nicht nur die fein ziselierten Humanistenbriefe und Schriftstellertraktate, die kunstvollen Gemälde und sorgsam gestalteten Kirchenfassaden, sondern auch jene Überreste der historischen Überlieferung, die nicht für die Ewigkeit bestimmt waren und gerade deswegen überraschende Blicke auf das Alltagleben gestatten, etwa Zollregister, Reiseberichte oder Protokolle von Heiligsprechungsprozessen.

Diesen Reichtum der Überlieferung versteht nicht jeder so zum Sprechen zu bringen, dass das Bild der Vergangenheit anschaulich, aber nicht unübersichtlich wird. Esch gelingt es, nicht zuletzt, weil er immer wieder mit souveräner Meisterschaft über die Eigenheiten der verschiedenen Quellengattungen sinniert. Die methodische Reflexion, die sonst so oft mit einschüchternder sprachlicher Drohgebärde daherkommt, löst er elegant in der Erzählung auf.

Das dabei entstehende Pan‧orama ist von höchster Plastizität, und erläutert neben zahl‧losen anderen Dingen auch, warum die Besucher, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts nach Rom kamen, von ihrem Besuch trotz allem nicht enttäuscht waren: „Die Erwartung der Pilger, in Rom die Plätze von Gold und die Straßen gerötet vom Blut der Märtyrer zu finden (wie die heilige Brigitte meinte), erfüllte sich nicht. Im spätmittelalterlichen Rom war nichts aus Gold, und das alltägliche Blut in den Straßen war das Blut römischer Bürger. Erwartung und Wirklichkeit hatten kaum etwas miteinander zu tun. Aber man glaubte nicht, sich auf die Wirklichkeit konzentrieren zu müssen.“ Der rückblickende Historiker stellt fest, dass im Gegenteil galt: „Die Rom-Idee ist mindestens so ‚real‘, so wirkmächtig wie die kümmerliche römische Wirklichkeit.“

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Die Wechselwirkung zwischen Rom-Idee und Alltagsleben – der Päpste ebenso wie der einfachen Römer – im 15. Jahrhundert findet der Leser sach- wie ideenkundig erklärt. Arnold Eschs Rom-Buch ist schlicht und ergreifend ein Glücksfall, ein Werk, das mit seiner Schilderung des für die Stadt am Tiber so schicksalhaften 15. Jahrhunderts würdig neben den klassischen Stadtgeschichten von Ferdinand Gregorovius und Richard Krautheimer steht.

Rezension: Dr. Arne Karsten

Esch, Arnold
Rom – Vom Mittelalter zur Renaissance
Verlag C. H. Beck, München 2016, 406 Seiten, Buchpreis € 29,90
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