Ende des 6. Jahrhunderts konnte der byzantinische Historiker Euagrios die früheren theologischen Auseinandersetzungen nicht mehr nachvollziehen. Sie schienen ihm reine Spitzfindigkeiten, die ein Dämon ersonnen haben mußte. Die christologischen Diskussionen im Oströmischen Reich des 5. Jahrhunderts um einen scheinbar kleinen Unterschied waren je-doch so elementar, daß sie zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen und schließlich 484 zum ersten Schisma zwischen Konstantinopel und Rom führten. Der Streit entzündete sich an der Frage nach der Natur Christi – ist sie allein göttlich oder göttlich und menschlich zugleich? Die verschiedenen Auffassungen manifestierten sich in zwei Buchstaben: Christus ek oder en, das heißt, Christus aus oder in zwei Naturen, so lauteten die Formeln. Die Mehrheit der Kleriker hatte sich auf die Formel: „duae naturae, una persona“ (zwei Naturen, eine Person) geeinigt. Doch vor al-lem die Monophysiten in Alexandria glaubten an die rein göttliche Natur Christi. Der Patriarch Akakios von Konstantinopel formulierte für den ost?römischen Kaiser Zenon, der den Glaubenskonsens wiederherstellen wollte, einen Kompromiß, der auch die Monophysiten wieder enger ans Reich band. Doch Papst Felix III. reagierte auf diese Initiative am 28. Juli 484 mit dem Kirchenbann – das Schisma war nicht mehr abzuwenden.
28. Juli 484
Erstes Schisma zwischen Konstantinopel und RomTeilen: