„Die in ruhigem Ton geführten Gespräche verliefen in einer aufgelockerten Atmosphäre“, so vermerkte es ein Protokoll anlässlich des ersten Besuchs eines polnischen Außenministers in Bonn am 14. September 1972. Das war nicht selbstverständlich. Kaum ein Land hatte während des Zweiten Weltkriegs so sehr unter der deutschen Herrschaft gelitten wie Polen. Mit dem Treffen von Außenminister Stefan Olszowski mit Bundeskanzler Willy Brandt und Außenminister Walter Scheel wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen der BRD und Polen aufgenommen. Bereits am nächsten Morgen um 8.30 Uhr, dem 15. September, wurde in Warschau das Botschaftsschild der Bundesrepublik an dem Gebäude an‧gebracht, das bis dahin die Handels‧vertretung beherbergt hatte. Vorangegangen war die Ratifizierung des Warschauer Vertrags durch den Bundestag im Mai 1972, zwei Jahre nach seiner Unterzeichnung. Die in diesem Vertrag vollzogene Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze durch die Bundesrepublik trug erheblich zur angestrebten „Normalisierung der Beziehungen“ bei. Dieses Zugeständnis Willy Brandts stieß in Teilen Deutschlands auf starke Kritik, käme dies doch einer Aufgabe der ehemaligen Ostgebiete gleich. Der deutsche Bundeskanzler war jedoch der Meinung, dass der Vertrag letztlich „nichts preisgibt, was nicht längst schon verspielt worden“ sei. Gleichwohl nannte Brandt das Unrecht der deutschen Vertreibung beim Namen und machte im Gespräch mit Olszowski auf das „humanitäre Anliegen“ der noch in Polen lebenden Deutschen aufmerksam, die nicht ausreisen durften.
15.09.1972
Botschaft eröffnetTeilen: