Es sah zunächst nach einer Erfolgsgeschichte aus: Die „Otto Hahn“ war das erste deutsche zivile Schiff, das mit Reaktorantrieb fuhr. Immerhin war die Bundesrepublik nach der UdSSR und den USA erst das dritte Land, das ein atomar angetriebenes Handelsschiff entwickelte. Die „Otto Hahn“ sollte den nuklearen Antrieb erproben, aber auch kommerzielle Fracht laden.
Nach einigen Testfahrten in der Nordsee brach die „Otto Hahn“ am 8. März 1969, dem Geburtstag des Namensgebers, zu ihrer ersten Atlantikfahrt auf. Technisch war das Schiff einwandfrei und arbeitete ohne Fehler. Doch es gab ein Problem, dessen sich die Verantwortlichen zu spät annahmen: Die „Otto Hahn“ konnte wegen fehlender Versicherung eigentlich keinen Hafen anlaufen. Keine Versicherung – und auch nicht der deutsche Staat – wollte das Risiko eines nuklearen Unfalls in einem Fremdhafen tragen. Inter‧natio‧nale Regelungen für diesen Fall gab es nicht. Das Projekt geriet so zum wirtschaftlichen Misserfolg. Dennoch fuhr das Schiff unter deutscher Flagge über zehn Jahre und lief vor allem Häfen in Afrika und Südamerika an, wo man es wohl nicht so genau nahm. Staaten des Warschauer Pakts oder mit der Sowjetunion verbündete Staaten schieden aus Geheimhaltungsgründen von vornherein aus. 1978 schließlich stellte die Betreibergesellschaft den atomaren Betrieb des Schiffs ein. Mit einem tra‧ditionellen Dieselantrieb ausgestattet, begann das zweite Leben der „Otto Hahn“ als herkömmliches Handelsschiff auf den Weltmeeren.