Franzosenkrankheit, Amors vergifteter Pfeil, harter Schanker – sie war das Siechtum der vielen Namen, und sie galt als unheilbar: die Syphilis. Am 9. März 1910 kam neue Hoffnung auf: Der Psychiater und Klinikdirektor Konrad Alt stellte an diesem Tag dem Fachpublikum der traditionsreichen „Magdeburger Medizinischen Gesellschaft“ eine bahnbrechende Entdeckung vor. 23 Syphilis-Patienten, deren Prognose hoffnungslos war, wurden an seiner Klinik wieder gesund. Für den klinischen Heilversuch hatte ihm der bekannte Serologe und Nobelpreisträger Paul Ehrlich einen neuen, erstmals antimikrobiellen Wirkstoff zur Verfügung gestellt, den dieser auf der Basis von Arsen entwickelt hatte.
Mit Fleiß, vielen Mitarbeitern und einigen Millionen Reichsmark hatte Ehrlich seit 1907 an einem Mittel gegen die „Krankheit der Venus“ geforscht. Die Unterstützung der Firma Hoechst mit Rohmaterialien tat ihr Übriges. Ehrlich verfolgte den Ansatz, dass die biologische Wirksamkeit einer Substanz von ihrer chemischen Zusammensetzung abhängt und von derjenigen der Zelle, auf die der Stoff einwirkt. Und tatsächlich, im 606. Laborversuch gelang ihm schließlich der Treffer. Mit dem Wirkstoff gegen die Syphilis entwickelte Paul Ehrlich zugleich das erste Chemotherapeutikum der Medizin, das unter dem Namen „Salvarsan“ auf den Markt kam. Die Hoffnungen waren groß, doch erlitten sie einen Rückschlag, als es 1914 wegen einiger Todesfälle infolge der Medikamenteneinnahme zum aufsehenerregenden „Salvarsan-Prozess“ in Frankfurt kam.