Ostermontag, 6. April: In der Kirche Ste.-Claire in Avignon feiert die Gemeinde die Auferstehung Christi. Unter den zahlreichen Gläubigen befindet sich auch der Dichter Francesco Petrarca. Nach Studien der Rechte in Montpellier und Bologna war er im Jahr zuvor nach Avignon zurückgekehrt, wo er seine Jugendjahre verbracht hatte. Vor allem wollte er sich fortan dem Schreiben widmen. An jenem 6. April aber weilten seine Gedanken nicht beim liturgischen Geschehen in der Kirche, auch nicht bei seinen Studien oder seiner Dichtkunst: An jenem Tag sah er zum ersten Mal jene junge Frau, die als „Laura“ seine Muse wurde, die unerreichbar blieb und die er doch als Inbegriff der Schönheit ein Leben lang verehrte und in 366 Sonetten pries.
Laura wurde ihm zur Muse und Inspiration und sollte ihm zum erhofften Dichterruhm verhelfen, der durch den Lorbeer (laurus) versinnbildlicht wird und den er später tatsächlich errang. Alles nur Poesie und Wortspiel, oder gab es die Dame wirklich? Immerhin glaubt man, seine „Laura“ identifiziert zu haben. Es war wohl die damals jung vermählte Laura de Noves, die 1325 mit 15 Jahren den Grafen Hugues II. de Sade geheiratet hatte. Elf Kinder gebar sie ihrem Gemahl, und als sie 1348 ein Opfer der Pest wurde, vergoss Petrarca bittere Tränen: Der Welt sei das Licht genommen worden, dichtete er. Er hatte seine Muse verloren.