Basisdemokratische Entscheidungsfindungen hatten eine lange Tradition in Athen, nur so glaubte man sich gegen eine Herrschaft der Wenigen gefeit. Doch dann geschah das Unglaubliche: Im Sommer 413 v. Chr. hatte Athens größenwahnsinnige Sizilien-Expedition in die totale Katastrophe geführt. Mehr als 10 000 Bürger starben auf dem Schlachtfeld oder in den Steinbrüchen von Syrakus. In der Heimat fragte man sich: Was tun, damit redegewandte Politiker wie Alkibiades die Volksversammlung nicht erneut manipulieren können?
Man entschied, zehn „ältere“ Männer der Entscheidungsfindung vorzuschalten; einer von ihnen war der Dichter Sophokles. Bei diesen Probulen, also „Vorberatern“, handelte es sich offenbar um verbürgte Demokraten und nicht um Wegbereiter einer Tyrannenherrschaft. Wir kennen die genauen Kompetenzen dieses Gremiums nicht, aber es hatte eine Steuerungsfunk-tion, die die Handlungsfähigkeit der demokratischen Ordnung bewahren sollte. Der Historiker Thukydides deutete dies als „Selbstzucht“, mancher seiner modernen Zunftgenossen aber stellt sie neben die gleichnamigen Probulen oligarchischer Regime und sieht darin bereits einen Schritt hin zur späteren Herrschaft der „Dreißig Tyrannen“. Tatsächlich dauerte es keine zehn Jahre, bis Athen von einer kleinen Clique mächtiger Aristokraten tyrannisiert wurde. Von den Probulen hören wir da schon nichts mehr. Der Versuch, mit ihnen die Demokratie zu bewahren, war gescheitert.