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„Kämpfer für die Meinungsfreiheit“

Faszinierende Figuren: Yascha Mounk über John Stuart Mill

„Kämpfer für die Meinungsfreiheit“

Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Wissenschaft sprechen über historische Gestalten, die sie beeindruckt haben. In dieser Ausgabe: der Publizist Yascha Mounk über den englischen Philosophen John Stuart Mill.

DAMALS: Wann haben Sie sich das erste Mal näher mit John Stuart Mill befasst? Yascha Mounk: Als ich in Cambridge Geschichte studierte, habe ich einen Kurs über politisches Denken belegt, angefangen bei Plato. Dabei stieß ich auf John Stuart Mill und war fasziniert.

DAMALS: Was hat Sie an ihm fasziniert? Mounk: Wie human er über Themen nach‧gedacht hat, die für uns auch heute noch wichtig sind, wie richtig er dabei lag und wie schön er seine Ideen zu Papier brachte.

DAMALS: Welche Themen sind das? Mounk: Mill kommt aus der Ecke des Utilitarismus, also des liberalen Nützlichkeitsdenkens, das schon durch seinen Vater James Mill und dessen Freund Jeremy Bentham geprägt worden war. Aber laut Mill brauchen Menschen, um glücklich zu sein, nicht nur elementare Dinge wie Essen oder Kleidung. Vielmehr haben sie auch höhere Bedürfnisse − zum Beispiel Zugang zu Kultur. Ein zweiter Punkt ist sein Plädoyer für die Meinungsfreiheit. So zeigt er in „Über die Freiheit“, dass selbst Blasphemie oder persönliche Beleidigungen durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sein sollten.

DAMALS: Was ist daran so wichtig? Mounk: Menschen sind besonders dann beleidigt, wenn ein Tabu angegriffen wird. Wenn wir niemanden beleidigen dürfen, gibt es aus Mills Sicht keine echte Meinungsfreiheit. Außerdem haben danach selbst grobe oder falsche Meinungen einen echten Nutzen, weil sie uns zum Nachdenken zwingen. Wenn bei einem Thema alle dieselbe Meinung haben, müsste man, so meint Mill, jemanden bezahlen, um die Gegenmeinung zu vertreten. 

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DAMALS: Gilt das auch heute noch? Mounk: Mill würde sich bestimmt dagegen wenden, dass es heute sehr leicht ist, Menschen wegen Volksverhetzung zu verklagen.

DAMALS: Gibt es noch etwas Besonderes in Mills Denken? Mounk: Sein Engagement für Frauenrechte. Er hielt es für unmöglich, genau zu beurteilen, zu welchen Leistungen Frauen in der Lage sind − und zwar, weil es noch nie eine Gesellschaft gegeben habe, in der Frauen sich in jeder Hinsicht hätten frei entfalten können. Als Mill in das House of Commons gewählt wurde, hat man ihn für solche Ansichten verlacht. Mills Engagement in dieser Frage hatte viel mit seiner Frau zu tun, Harriet Taylor, die er 1851 heiratete und die großen Einfluss auf sein Werk hatte. Bei der Eheschließung verzichtete Mill auf alle Vorrechte, die ihm nach der damaligen Gesetzeslage gegenüber seiner Frau zustanden.

John Stuart Mill (1806 –1873) englischer Philosoph und Ökonom. Von 1823 bis 1858 für die Britische Ostindien-Kompanie tätig, zuletzt in leitender Position. 1865 bis 1868 Mitglied des Unterhauses. Mill plädierte dafür, dem Einzelnen größtmögliche Freiheit zuzugestehen und diese nur dann einzuschränken, wenn ihm selbst oder anderen Schaden drohe. Hauptwerk: „Über die Freiheit“ (1859).

Yascha Mounk, geb. 1982 in München, studierte in Cambridge. Aktuell ist er Dozent für Politikwissenschaft an der Harvard University. Er schreibt als freier Publizist für Tageszeitungen. Bei Kein & Aber ist 2015 sein Buch „Echt, Du bist Jude? – Fremd im eigenen Land“ erschienen.

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