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„Narrenschiff“ auf digitalem Kurs

Geschichte|Archäologie

„Narrenschiff“ auf digitalem Kurs
Der Büchernarr: Hier macht sich Sebastian Brant über Zeitgenossen lustig, die Bücher sammeln, sie aber nicht lesen. (Foto: Kallimachos)

Spitze Satire – vor über 500 Jahren! In seinem Buch „Narrenschiff“ nahm Sebastian Brant die Gesellschaft des späten 15. Jahrhunderts gekonnt auf die Schippe und erlangte damit europaweiten Erfolg. Dem historischen Bestseller widmen deutsche Literaturwissenschaftler nun das Projekt „Narragonien digital“. Ziel ist eine digitale, öffentlich zugängliche Edition mit erläuternden Kommentaren.

„Jetzt lernen Männer Weiberart, und schmieren sich mit Affenschmalz, und lassen am entblößten Hals viel Ring und goldne Ketten sehn“, macht sich Brant im Narrenschiff über das modische Gebaren seiner Zeitgenossen lustig. Neben den Modenarren des 15. Jahrhunderts nimmt er sich beispielsweise auch die frühen Büchernarren vor – Menschen, die Unmengen von Büchern sammeln, sie aber nicht lesen. Insgesamt lässt Brant in seinem Werk 109 Typen von Narren auftreten, von denen einige bis heute kaum an Aktualität verloren zu haben scheinen.

Ein satirischer Bestseller des 15. Jahrhunderts

Nach seinem „Stapellauf“ segelte das Narrenschiff auf Erfolgskurs: Sechs Jahre nach der deutschen Erstausgabe im Jahr 1494, gab es in ganz Europa bereits 28 verschiedene weitere: Neuauflagen und Raubdrucke in deutscher Sprache, außerdem Übersetzungen ins Lateinische, Niederdeutsche, Französische, Niederländische und Englische. Der große Erfolg lag wohl an dem eingängigen Konzept des Werks. Völlig neu war die Darstellung menschlicher Schwächen an der Figur des Narren. Innovativ war auch die Verknüpfung von Text und Bild: Jede Überschrift hat einen Bezug zum dazugehörigen Bild, und auch in den Texten gibt es direkte Verknüpfungen zu den Abbildungen. „Eine Moralsatire in dieser ganz speziellen Aufmachung wie im Narrenschiff gab es bis dahin noch nie“, sagt Joachim Hamm, Germanist und Literaturwissenschaftler von der Universität Würzburg.

Das Narrenschiff avancierte mit seinem Erfolg zu einem Schlüsselwerk der frühen Neuzeit. Es folgten viele weitere Werke der satirischen Narrenliteratur. „Das zieht sich komplett durch das 16. Jahrhundert durch“, erklärt Hamm. Die Schildbürger und Till Eulenspiegel hätte es beispielsweise ohne die Initialzündung durch das Narrenschiff wohl nicht gegeben.

„Narragonien digital“

Trotz umfangreicher Analysen gibt es durchaus noch offene Fragen zum Narrenschiff, sagt die Würzburger Romanistin und Literaturwissenschaftlerin Brigitte Burrichter. „Die deutschen Versionen sind zwar gut erforscht, die französischen und die in den anderen Sprachen aber nur wenig“. Wie gestalteten sich die Übersetzungen des Narrenschiffs? Wurden die Bilder und das Layout verändert? Was wurde am Text weggelassen, hinzugefügt oder umgestellt? Solche Fragen wollen Burrichter und Hamm an acht ausgewählten Versionen des Werkes untersuchen.

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Das große Ziel des Projekts „Narragonien digital“ ist allerdings eine digitale, öffentlich zugängliche Edition. Sie soll das komplexe Seitenlayout der Narrenbücher und deren Text-Bild-Vernetzung veranschaulichen. Darüber hinaus sollen die geschichtlichen Aspekte dokumentiert und kommentiert werden. Das literaturwissenschaftliche Projekt ist eines von mehreren Vorhaben in „Kallimachos“, einem Projekt zum Aufbau eines Digital-Humanities-Zentrums an der Universitätsbibliothek Würzburg. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert „Kallimachos“ mit 2,1 Millionen Euro.

Quelle: Universität Würzburg
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