Auf einem rauen Felsvorsprung an der Ostküste Schottlands haben Archäologen die Überreste einer rund 1700 Jahre alten Festung der Pikten entdeckt. Die Wälle, Terrassen und Mauern wurden damals auf einer Felsnase über dem Meer errichtet – möglicherweise um vor Angriffen der Römer zu schützen. Nach Angaben der Forscher handelt es sich um einen außergewöhnlichen Fund und eines der ältesten Forts der Pikten in ganz Schottland.
Bildsteine auf einer Felsklippe
Die Pikten sind eine noch immer rätselhafte Gruppe von einheimischen Völkern, die zur Zeit der Römer in Schottland lebten. Von ihrer Kultur ist heute wenig mehr erhalten als Steine und Steinstelen mit eingeritzten Bildern, Ornamenten und Schriftzeichen darauf. Solche Bildsteine wurden schon vor mehr als 100 Jahren auch auf dem Gipfel des Dunnicaer gefunden, einer nahe der Stadt Stonehaven in Aberdeenshire über dem Meer aufragenden Felsklippe.
„Wir dachten immer, dass diese Symbolsteine entweder sehr ungewöhnlich sind oder aber aus einer sehr frühen Zeit der Pikten stammen“, erklärt Teamleiter Gordon Noble von der University of Aberdeen. „Denn die Ritzungen sind sehr grob, verglichen mit anderen Bildsteinen der Pikten.“ Um der Sache nachzugehen, beschlossen die Archäologen, auf dem rund 20 mal zwölf Meter großen Gipfelplateau von Dunnicaer zu graben. Das allerdings war nicht ganz einfach, denn die Klippe ist fast völlig unzugänglich. „Das ist die extremste Archäologie, die ich je gemacht habe“, erzählt Noble. „Der Ort kann nur bei Ebbe mit Hilfe von Seilen erreicht werden – das war ziemlich haarsträubend.“
Älter als erwartet
Doch die Mühe zahlte sich aus: Die Forscher entdeckten bei ihren Grabungen Reste von befestigten Wällen aus massiven Holzbalken und Steinen, von Terrassen und sogar die Überreste eines steinernen Herdes. „Die Steine stammen nicht aus der Umgebung“, berichtet Noble. „Es muss daher ein großer Aufwand gewesen sein, sie und die schweren Eichenbalken zu einem so unzugänglichen Ort zu transportieren.“
Nach Angaben der Forscher ist der Stil dieser Relikte typisch für die späteren Piktenfestungen. Doch zu ihrer Überraschung ergaben Datierungen, dass dieses Fort deutlich älter ist als erwartet. Es stammt bereits aus den 3. bis 4. Jahrhundert und ist damit eine der frühesten bekannten befestigten Stätten der Pikten in Schottland. „Ein außergewöhnlicher Fund“, sagt Noble.
Ungewöhnlich komplex
Außergewöhnlich ist auch das Ausmaß der Anlage und der Befestigungen. „Dunnicaer muss damals ein bedeutender Ort gewesen sein, denn eine Struktur von dieser Größe und Komplexität ist für das 3. Jahrhundert selten“, erläutert der Grabungsleiter. Die Forscher vermuten, dass die Klippe zur Zeit der Pikten noch deutlich größer war als heute, denn die Überreste der Anlage reichen über das gesamte Plateau.
Doch offenbar schrumpfte das Gipfelplateau durch die Erosion schon damals sehr schnell, Wetter und Meer ließen den Fels bröckeln. Das könnte der Grund gewesen sein, warum die Festung bereits bald nach ihrem Bau wieder verlassen wurde. „Es ist wahrscheinlich, dass das Plateau einfach zu klein wurde und die Bewohner deshalb weiter die Küste entlang zogen“, sagt Noble. Dort errichteten sie eine weitere Anlage, die heute als Dunnottar Castle bekannt ist.