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Auch die Assyrer mochten es gesellig

Geschichte|Archäologie

Auch die Assyrer mochten es gesellig
Ausgrabungen in Tell Sabi Abyad – bevor der IS das Gebiet eroberte. (Foto: Universität Leiden)

Von wegen kriegerisch und brutal: Obwohl die Assyrer weite Gebiete des mittleren Ostens erobert hatten, waren sie als Besatzer weniger strikt als bisher gedacht. Hinweise darauf liefern archäologische Funde in der assyrischen Niederlassung Tell Sabi Abyad im Norden Syriens. Sie zeugen davon, dass die assyrischen Besatzer das soziale Leben und die Geselligkeit sogar mehr schätzten als militärische Disziplin.

Ein Volk von Eroberern?

Das Assyrische Reich war eines der ersten Großteiche der Weltgeschichte. Von seinen bescheidenen Anfängen etwa um 2000 v. Chr. am Tigris in Mesopotamien breitete sich diese Kultur in der Bronzezeit rapide aus. Seit 900 v.Chr., auf dem Höhepunkt ihrer Macht, herrschten die Assyrer über ein Gebiet, das vom Osten der Türkei über Ägypten bis zum Persischen Golf reichte.

Nach gängiger Auffassung war die Kultur der Assyrer primär auf Expansion ausgerichtet. Sie gelten bis heute als Volk von Kriegern, das ein Gebiet nach dem andern eroberte und ausbeutete. Doch der Archäologe Victor Klinkenberg von der Universität Leiden widerspricht dieser Auffassung. Er gründet dies auf seine Auswertung von Funden in der assyrischen Siedlung Tell Sabi Abyad im heutigen Syrien.

„Dieses Dorf war ab 1200 v.Chr. bewohnt“, berichtet der Forscher. „Die Assyrer gründeten die Siedlung, als sie diese Region eroberten.“ Typischerweise siedelten die Assyrer in diesen Gebieten als erstes Soldaten und Verwaltungsbeamte an, die dafür sorgen sollten, dass Ressourcen genutzt und die Bevölkerung unter Kontrolle gehalten oder deportiert wurde.

Kneipe statt Kaserne

„Man würde daher erwarten, dass es sich bei Tell Sabi Abyad um einen militärischen Stützpunkt handelte, der streng hierarchisch gegliedert und regiert wurde. Doch genau das scheint nicht der Fall gewesen zu sein“, sagt Klinkenberg. Bei seiner Kartierung und Untersuchung von Funden aus der Siedlung stellte der Forscher fest, dass viele Räume und Häuser weniger militärischen, als vielmehr sozialen Zwecken dienten. So wurde ein Gebäude beispielsweise einige Zeit als eine Art Café oder Kneipe genutzt, wo Gäste Bier tranken. Das zeigen Funde von entsprechenden Gefäßen. Gleichzeitig wechselte die Nutzung der Gebäude relativ häufig.

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Nach Ansicht des Archäologen spricht dies dafür, dass die Assyrer ihre Dominanz keineswegs nur durch massive militärische Präsenz oder brutale Gewalt sicherten. „Meine Ergebnisse zeigen, dass das soziale Leben eine weitaus größere Rolle spielte als das militärische Leben“, sagt Klinkenberg. „Offenbar waren positive Anreize und lokale Stabilität wichtige Faktoren für den Machterhalt der Assyrer.“

Mitten im IS-Gebiet

Für seine Arbeit konnte Klinkenberg die Überreste von Tell Sabi Abyad nicht selbst besuchen. Denn die seit 35 Jahren von Archäologen erforschte Ausgrabungsstätte liegt nur 80 Kilometer von Rakka, der faktischen Hauptstadt des Islamischen Staates (IS) entfernt. „In den letzten fünf Jahren konnte daher keiner von unserem Team die Ausgrabung besuchen“, berichtet Klinkenberg. „Wir haben erst kürzlich gehört, dass dort viele Funde inzwischen zerstört oder gestohlen wurden.“

Glücklicherweise hatten die Archäologen aber bereits vor dem Aufkommen des IS alle Gebäude und Funde akribisch dokumentiert und kartiert. Klinkenberg und seine Kollegen konnten daher die meisten bisher bekannten Überreste von Tell Sabi Abyad digital rekonstruieren. „Dadurch konnte ich meine Forschung aus der Entfernung durchführen“, sagt der Archäologe.

Quelle: Universität Leiden
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