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Geheimnisvolle Kirche mit Kleeblatt-Chor entdeckt

Geschichte|Archäologie

Geheimnisvolle Kirche mit Kleeblatt-Chor entdeckt
Auch Skelette gehören zu den Funden von Leun. (Foto: Robin Dürr)

Ein ungewöhnlicher kleeblattförmiger Altarbereich zeichnet sie aus: Archäologen haben in Hessen die Reste einer frühmittelalterlichen Kirche freigelegt, die Rätsel aufgibt. Neben dem Grundriss erscheinen außerdem Funde von seltsamen Gräbern im Bereich der Anlage mysteriös. Weitere Entdeckungen legen nahe, dass die Kirche am Ende in Flammen aufging und zwar im Rahmen einer Auseinandersetzung.

Dass beim Ort Leun in Mittelhessen die Reste einer verschütteten Kirche im Boden schlummern, legten neben Luftaufnahmen auch alte Bezeichnungen nahe: Die Namen „Martinskirch” und „Martinswies” sind für den Bereich am südwestlichen Lahnufer gegenüber der Stadt überliefert. Diese Hinweise haben schließlich zu einem archäologischen Projekt geführt: Seit 2015 führen Forscher der Philipps-Universität Marburg in dem Areal Grabungen durch. So stießen sie auf die Überreste einer kleinen Kirche sowie auf die Mauern weiterer Gebäude. Auch Überbleibsel eines Altars oder Taufbeckens förderte das Grabungsteam zu Tage.

Den Wissenschaftlern zufolge gibt es historische Quellen, die auf die Anlage hinweisen. Sie legen nahe, dass sie aus dem 8. Jahrhundert stammt. „Damit dürfte sie zu den ältesten Kirchenbauten in der Region zählen”, hebt Teammitglied Robin Dürr hervor. Doch das ist nicht der interessanteste Aspekt des Gebäudes. Die Archäologen stellten eine für die damalige Zeit ungewöhnliche Architektur fest. „Überraschenderweise stießen wir auf keinen einfachen rechteckigen oder halbrunder Chorabschluss”, sagt Grabungsleiter Felix Teichner. „Vielmehr fügen sich gleich drei konchenartige Erweiterungen zu einem kleeblattförmigen Chor zusammen – ein ungewöhnlicher Grundriss, der auf die besondere Bedeutung der Kirchenanlage hindeutet”, sagt der Archäologe.

Das Kleeblatt brachte kein Glück

In der Nähe der Kirche fanden die Archäologen zudem mehrere Gräber, die stellenweise bis an die Kirchenmauern heranreichen. „Die überaus dichte Anordnung der Skelette, die teilweise in mehreren Lagen aufeinander liegen, erinnert an ein regelrechtes Massengrab”, berichtet Dürr. Überreste von Särgen gibt es nicht. Unter den mehr als drei Dutzend Bestattungen fällt außerdem eine Häufung von Kinder- und Säuglingsbegräbnissen auf, sagen die Archäologen.

Bei einem weiteren ungewöhnlichen Fund handelt es sich um das rund 30 Kilogramm schwere Fragment einer Kirchenglocke, die aus einer hochwertigen Kupferlegierung gefertigt war. Funde von derartigen Stücken sind selten, weil sie wegen des hohen Materialwerts normalerweise damals eingeschmolzen wurden, sagen die Forscher. Wie sie erklären, könnte es sich bei dem Glockenfragment deshalb um einen Hinweis auf das Ende der Anlage handeln: Wahrscheinlich wurde die Kirche samt der Glocke bei einem Feuer zerstört. Darauf deuten auch verkohlte Balkenreste hin.

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Dass dieser Brand nicht auf einen Unfall zurückzuführen war, lässt wiederum ein weiterer Fund vermuten: Eine fast 40 Zentimeter lange Eisenklinge legt nahe, dass es eine militärische Auseinandersetzung gegeben hat, bei der das Feuer absichtlich gelegt worden sein könnte. Was genau hier einst passiert ist, bleibt allerdings unklar. Mögliche Ursache wären Auseinandersetzungen die aus dem 14. Jahrhundert in der Region bekannt sind. Weitere Einblicke in die mysteriöse Geschichte der Martinskirche von Leun erhoffen sich die Forscher nun von der wissenschaftlichen Untersuchung der Funde im Labor.

Quelle: Philipps-Universität Marburg
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