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Hexenprozesse von Salem: Hinrichtungsort aufgespürt

Geschichte|Archäologie

Hexenprozesse von Salem: Hinrichtungsort aufgespürt
In diesem Haus in Salem ist heute ein Museum untergebracht, das an die Hexenprozesse erinnert. (Foto: Sphraner/iStock)

Im Rahmen der berüchtigten Hexenprozesse von Salem wurden im 17. Jahrhundert insgesamt 20 Menschen hingerichtet. Wo genau damals die Galgen standen, an denen 19 von ihnen gehängt wurden, geriet jedoch in Vergessenheit. Erst jetzt haben Forscher den Hinrichtungsort aufgespürt. Entgegen bisherigen Vermutungen handelt es sich dabei nicht um den Gipfel des Gallows Hill in Salem.

Wo standen die Galgen?

Die Hexenprozesse von Salem sind eines der unrühmlichsten Kapitel der amerikanischen Geschichte. Angestachelt durch den puritanischen Erweckungsprediger Samuel Parris kam es im Jahr 1692 zuerst in Salem im US-Bundesstaat Massachusetts, dann in fast ganz Neuengland zur Verfolgung von mehr als 300 Frauen und Männern wegen vermeintlicher Hexerei. Mehr als 55 von ihnen wurden gefoltert, 19 wurden in der Gemeinde Salem durch Hängen hingerichtet, darunter 13 Frauen. Eine Frau wurde während der Folter zu Tode gepresst.

“Die genauen Orte und die Ereignisse, die diese Hinrichtungen umgaben, waren bisher jedoch vergessen”, berichtet der Historiker Emerson Baker von der Salem State University. “Traditionell hat man sie einfach auf dem Gallows Hill verortet, der aber mehrere Morgen Land umfasst.” Gallows Hill war im 17. Jahrhundert Gemeindeland, das direkt außerhalb der Stadtgrenze von Salem lag.

Zwar ist dieses Gebiet seit 1936 als Gedenkstätte und öffentlicher Park ausgewiesen, doch wo genau auf diesem Hügel die unschuldigen Menschen damals gehängt wurden, blieb unklar, wie Baker erklärt. Im Jahr 2010 wurde daher ein Team aus Forschern mehrerer Fachdisziplinen zusammengestellt, um die Ereignisse und Örtlichkeiten der Hinrichtungen von 1692 zu rekonstruieren.

Bericht einer Zeitzeugin

Wichtigstes Indiz für die Suche nach dem Standort der Galgen war die überlieferte Aussage einer der wegen Hexerei angeklagten Frauen, Rebecca Eames. Sie berichtete, dass sie am Morgen des 19. August 1692 zur Befragung nach Salem gebracht wurde – dem Tag, an dem fünf vermeintliche Hexen hingerichtet wurden.

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Als sie von ihren Wachen die Boston Road unterhalb des Hügels entlanggeführt wurde, sah sie von ihrem Standort “am Haus unterhalb des Hügels” einige Zuschauer der Hinrichtung über sich auf dem Hügel stehen. Wie Baker berichtet, gelang es der Historikerin Marilynne Roach, das Haus aus dem Bericht der Zeitzeugin dem sogenannten McCarter House zuzuordnen, einem Gebäude, das noch bis 1890 in der Boston Road stand.

“Proctors Ledge” als Hinrichtungsort

Aber welchen Teil des Gallows Hill konnte man damals von diesem Haus aus sehen? Um das herauszufinden, werteten zwei Experten für Geoinformationssysteme die Topografie der Gegend aus. Sie konstruierten ein 3D-Modell, das die möglichen Sichtlinien zeigte. Das Ergebnis: “Der traditionell als Hinrichtungsstätte angenommene Gipfel des Gallows Hill war von dem Haus aus gar nicht sichtbar”, berichtet Baker.

Sehr gut einsehbar war dagegen ein anderer Teil des Hügels, wie das Modell verdeutlichte: der sogenannte Proctors Ledge. Dabei handelt es sich um einen Vorsprung an der unteren Flanke von Gallows Hill. Untersuchungen des Untergrunds von Proctors Ledge mit Bodenradar und Leitfähigkeitsmessungen ergaben, dass es auf diesem Hügelabsatz nur wenig losen Boden gab. “Der Boden ist hier weniger als 90 Zentimeter tief – das ist mit Sicherheit nicht genug, um dort Tote zu begraben”, berichtet Baker.

Genau dies aber passt gut zu den historischen Berichten, wie der Forscher erklärt. Denn nach mündlicher Überlieferung kamen die Familien der gehängten Frauen im Schutze der Nacht und brachten ihre toten Angehörigen weg, um sie in Familiengrabstätten zu beerdigen. Insofern könnte dies durchaus zu Proctors Ledge als dem damaligen Hinrichtungsort passen.

Ort der Erinnerung

Nimmt man alle Hinweise und Ergebnisse zusammen, dann spricht nach Ansicht der Wissenschaftler alles dafür, dass die Galgen damals auf dem Proctors Ledge standen und nicht auf dem Gipfel des Gallows Hill. Nachdem Baker und seine Kollegen die städtischen Behörden von ihren Ergebnissen informiert haben, ist nun geplant, den Hügelabsatz zumindest teilweise von Büschen und Wald zu befreien und dort eine Erinnerungstafel zu installieren.

“Ich finde, dass die Kennzeichnung und der Erhalt dieses Ortes ein lange fälliger Schritt ist, um an die unrühmliche Rolle zu erinnern, die diese Gemeinde bei dem Verlust unschuldiger Leben im Jahr 1692 spielte”, sagt Baker. “Der Heilungsprozess ist damit auch 324 Jahre nach den Hexenprozessen von Salem noch immer im Gange.”

Quelle: Ocford University Press
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