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Inschrift aus Gisela-Grab entziffert

Geschichte|Archäologie

Inschrift aus Gisela-Grab entziffert
Durch einen Streifenlichscan konnte die Inschrift auf der Bleiplatte aus Giselas Grab vollständig sichtbar gemacht werden. (Foto: Historisches Museum der Pfalz/Peter Haag-Kirchner)

Mit Hilfe eines sogenannten Streifenlichtscans konnte im Speyrer Dom eine Inschrift entziffert werden, die lange rätselhaft geblieben war. Der Text auf einer Bleiplatte, die man im Grab der mittelalterlichen Kaiserin Gisela gefunden hatte, könnte helfen, das Datum einer Teilweihe des Doms exakt festzulegen.

Kaiserin Gisela starb am 15. Februar 1043 in Goslar, ihr Leichnam wurde nach Speyer überführt und am 11. März an der Seite ihres bereits 1039 verstorbenen Gemahls Konrad II. beigesetzt. Als im Jahr 1900 die Königs- und Kaisergräber im Speyerer Dom geöffnet wurden, fanden sich im Grab Giselas unter anderem die aus Kupfer gefertigte Grabkrone und eine bleierne Inschriftentafel, eine sogenannte Grabauthentik. Diese Bleiplatte trägt eine insgesamt 14-zeilige Inschrift, von der aber nur die ersten drei Zeilen und der Beginn der vierten Zeile deutlich eingraviert sind. Der sich anschließende Text wurde lediglich in einer Art Vorzeichnung eingeritzt und kann heute mit bloßem Auge kaum noch erkannt werden.

Dem damaligen Ausgräber Hermann Grauert war es nach eigenen Angaben jedoch noch möglich, den Text zu entziffern. Laut seiner Lesung haben an der Beisetzung der Kaiserin nicht nur ihr Sohn Heinrich III., sondern zahlreiche Bischöfe und Erzbischöfe teilgenommen. Sollte die Lesart Grauerts richtig sein, würde die Vermutung nahe liegen, dass sich die Anwesenheit der geistlichen Würdenträger in Speyer nicht auf die Bestattung Giselas bezog, sondern auf eine Teilweihe der liturgisch wichtigen Ostteile des Doms. Das Datum der Schlussweihe 1061 bleibt von der Untersuchung unberührt.

Um Gewissheit über den Text zu erlangen, wurde die Tafel in diesem Sommer im historischen Museum der Pfalz mit einem Streifenlichtscanner untersucht. Der Scanner ist in der Lage, selbst kleinste Unebenheiten, die für das menschliche Auge nicht mehr wahrnehmbar sind, zu erkennen und darzustellen, so dass Inschriften, die mittlerweile verloren scheinen, rekonstruiert werden können.

Zahlreiche Bischöfen auf der Gästeliste

Der bislang bereits lesbare Teil der Inschrift auf der Bleiplatte von Kaiserin Gisela lautet: „Im Jahr der Fleischwerdung des Herrn 999, am 11. November, ist die Kaiserin Gisela glücklich geboren worden, die Gattin Kaiser Konrads, die Mutter des sehr frommen Königs Heinrich III. Sie hat mit ihrem Mann in der Herrschaft vierzehn Jahre, neun Monate, 17 Tage gelebt, im Witwenstand aber drei Jahre …“

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Dank des Scans sind nun auch die weiteren Zeilen lesbar: „… acht Monate und zehn Tage; dem Herrn dienend. Aus der Mühsal dieses Lebens ist sie im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1043, in der 11. Indiktion am 15. Februar selig zum Herrn eingegangen und am 11. März begraben worden von Bischof Sigibodo von Speyer in dieser Stadt, in Gegenwart ihres Sohnes Heinrich, in Anwesenheit und unter Mitwirkung des Erzbischofs Bardo von Mainz und seiner Suffraganbischöfe Azecho von Worms, Wilhelm von Straßburg, Eberhard von Konstanz, Burchard von Halberstadt, Rotho von Paderborn, Thietmar von Chur, Suidger von Bamberg, Gebhard von Eichstätt sowie der mit unterzeichnenden Bischöfe … [von Hildesheim?], [Gebhar]d III. von Regensburg, Fried[rich von Genf?]. Die Lesung des Ausgräbers Grauerts konnte damit in allen wichtigen Punkten bestätigt werden.

Für die Baugeschichte zentral wäre die auf dieser Bleitafel enthaltene Information, dass bei der Beisetzung der Kaiserin Gisela im Speyerer Dom am 11. März 1043 mindestens drei Erzbischöfe sowie deutlich mehr als zwölf Bischöfe aus allen Teilen des deutschen Reichs anwesend waren. Einladung und Anreise einer so großen Zahl höchster geistlicher Würdenträger erforderten auch im Mittelalter viel längerer Vorbereitungszeit, als zwischen Giselas Tod am 15. Februar und dem 11. März verfügbar war. Überdies ist eine Teilnahme so zahlreicher Würdenträger – auch aus diesem Grund – bei keiner anderen Beisetzung eines Königs oder einer Königin im Mittelalter nachzuweisen.

Teilweihe war bereits terminiert

Anlass für die Anwesenheit dieser ungewöhnlich zahlreichen Erzbischöfe und Bischöfe in Speyer kann eigentlich nur die schon länger geplante, feierliche Weihe der damals fertiggestellten Ostteile der im Bau befindlichen Domkirche gewesen sein, in denen nun endlich die Liturgie für den 1039 auf der Baustelle beigesetzten Kaiser Konrad II. gefeiert werden konnte. Die jüngere Geschichtsforschung hat eine Weihe etwa 1041 vermutet, ohne die Bleitafel als zeitgenössische Quelle für eine Bischofsversammlung 1043 zu beachten. Da der 11. März ein Freitag war, dürfte die Weihe am folgenden Sonntag, dem 13. März 1043 stattgefunden haben. Damit wäre ein wichtiges, festes Datum für die Geschichte des Speyerer Doms neu gewonnen.

Den Anstoß zu die Scan-Untersuchung gab Matthias Untermann, Professor für Mittelalterliche Kunstgeschichte am Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg. Zusammen mit Lenelotte Möller, Präsidentin der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, ist er verantwortlich für die wissenschaftliche Einordnung des durch die Untersuchung lesbar gewordenen Textes der Bleiplatte. Durchgeführt wurde der Scan unter der Leitung von Susanne Krömker vom Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg. Eigentümer der Bleiplatte sowie aller Funde aus den Kaisergräbern ist das Bistum Speyer.

Quelle: Historisches Museum der Pfalz Speyer / Universität Heidelberg
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