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Kam die Syphilis doch nicht aus Amerika?

Geschichte|Archäologie

Kam die Syphilis doch nicht aus Amerika?
Skelettfund aus St. Pölten. (Medizinischen Universität Wien)

Die Syphilis war in Europa schon vor der Entdeckung der Neuen Welt verbreitet: Diesen Schluss legen Untersuchungsergebnisse von Skeletten aus St. Pölten nahe, die aus dem 14. Jahrhundert stammen. Die Befunde widersprechen der gängigen Theorie, wonach es sich bei der gefürchteten Geschlechtskrankheit um ein Mitbringsel der Mannschaft des Kolumbus gehandelt hat. Molekularbiologische Untersuchungen sollen nun das Ergebnis weiter untermauern.

Als wären Pest und Lepra noch nicht schrecklich genug, breitete sich am Ende des 15. Jahrhunderts ein weiteres Grauen in Europa aus: Ab dem Jahr 1493 wurde in spanischen Hafenstädten von einer damals neuartig erscheinenden Erkrankung berichtet, die sich rasch im westlichen und mittleren Mittelmeerraum ausbreitete. Innerhalb von 50 Jahren überzog dann eine Syphilis-Epidemie die gesamte alte Welt und avancierte schließlich zu einem fatalen Dauerbrenner: Bis heute ist die Menschheit die Erkrankung nicht losgeworden.

Die Entstehungsgeschichte der Syphilis ist indes nebulös: Die gängigste Theorie besagt, dass sie aus Amerika stammte. Dies passt zum Beginn ihrer „Karriere“ am Ende des 15. Jahrhunderts und dem angeblichen Ursprungsland Spanien. Doch schon vor den aktuellen Funden in Österreich gab es Untersuchungsergebnisse, die nahelegten, dass die Syphilis schon vor Kolumbus in der alten Welt existierte. Doch die entsprechenden Diagnosen beziehungsweise Datierungen galten nicht als völlig gesichert. Bei den aktuellen Ergebnissen der Forscher um Karl Großschmidt und Fabian Kanz von der MedUni Wien handelt es sich nun um einen ausgesprochen überzeugenden Hinweis.

Die Skelettfunde, auf denen die Ergebnisse basieren, stammen aus Ausgrabungen am Domplatz in St. Pölten. Datierungen zufolge wurden die Menschen hier zwischen 1320 und 1390 bestattet. Die Knochen und Zähne der Skelette wurden an der Medizinischen Universität Wien analysiert. Die Experten fertigten dazu Dünnschnitte an, die durch spezielle lichtmikroskopische Untersuchungen Rückschlüsse auf Erreger zulassen.

Typische Zeichen der Syphilis

Den Forschern zufolge wiesen einige Funde typische Anzeichen von sogenannter kongenitaler Syphilis auf – einer Form der Erkrankung, die entsteht, wenn die Übertragung von einer schwangeren Frau auf ihr ungeborenes Kind stattgefunden hat. Dies spiegelt sich vor allem in Veränderungen am Gebiss wider. „Wir konnten die so genannten Hutchinson-Zähne mit zentralen Einkerbungen und konvergierenden Rändern sowie die Maulbeer- oder Knospenform bei Mahlzähnen nachweisen, die charakteristisch für die Syphilis sind“, erklärt Kanz von der Abteilung für Gerichtsmedizin. Diese Hinweise auf Syphilis-Erkrankungen zwischen 1320 und 1390 stellen damit die übliche Kolumbus-Theorie schwer in Frage, sagen die Experten.

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Zusätzliche Untersuchungen durch molekularbiologische Techniken sollen die Ergebnisse nun weiter untermauern: Möglicherweise schlummert noch Erbgut des Erregers in den Gebeinen. Falls die DNA der Syphilis allerdings schon zerfallen ist, könnten auch Untersuchungen von charakteristischen Eiweißstoffen Hinweise liefern. Sollte sich der Befund bestätigen, würde damit eine neue Frage ins Zentrum rücken: Warum wurde die Syphilis ausgerechnet am Ende des 15. Jahrhunderts zu einer Massenplage?

Quelle: Medizinischen Universität Wien
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