Mit seinen Palästen und Schlössern zeugt Wien bis heute davon, dass es über Jahrhunderte hinweg Sitz der Habsburger Kaiserdynastie war. Kaum vorstellbar ist in diesem Kontext, dass unter der Herrschaft der katholischen Kaiser eine protestantische Gemeinde in Wien entstehen konnte.
Die lutherische Seite der Donaustadt ist im Rahmen der Ausstellung „Brennen für den Glauben. Wien nach Luther“ noch bis zum 14. Mai 2017 im Wienmuseum zu besichtigen.
An der Schwelle zur Neuzeit
Die Zeit um 1500 ist eine Phase des Wandels: Renaissance und Humanismus, die Entdeckung Amerikas und die Erfindung des Buchdrucks verändern die europäische Weltsicht grundlegend. Auch in Wien setzte ein Umbruch ein, der durch die Ideen Luthers, die auch bei Kaiser Maximilian II. Gefallen fanden, weiter vorangetrieben wurde. In den kommenden Jahrzehnten bildete sich eine starke protestantische Gemeinde, die vor allem aus dem niederösterreichischem Adel und den Bürgern der Stadt bestand. Zeitweise waren die Wiener Bürger mehrheitlich Anhänger der neuen Konfession.
Glaubensflucht ins Umland
Maximilians Nachfolger duldeten jedoch keine evangelischen Gottesdienste in der Stadt und versuchten, durch den neuen Jesuiten-Orden die Gegenreformation in Wien einzuleiten. In der Folge blieben die katholischen Kirchen der Stadt leer. Die Bürger und Adligen entwickelten im Gegenzug das Konzept des „Auslaufens“, bei dem adlige Schlösser der Umgebung fortan für die Gottesdienste genutzt wurden, und diese entwickelten sich so zu bedeutenden Zentren der Reformation.
Diese wechselvolle Geschichte fängt die Ausstellung des Wienmuseums mit einer Vielzahl von Exponaten ein, unter denen drei Originaldokumente hervorstechen: die gedruckten Thesen Luthers von 1517, das Augsburger Bekenntnis von 1530 und der Augsburger Religionsfrieden von 1555 mit der Unterschrift Kaiser Ferdinands II.