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Roboter erkundet Flaggschiff des Sonnenkönigs

Geschichte|Archäologie

Roboter erkundet Flaggschiff des Sonnenkönigs
Der humanoide Tauchroboter OceanOne besucht das Wrack der "La Lune". (Frederic Osada and Teddy Seguin/DRASSM)

Ein Assistent der ungewöhnlichen Art hilft Unterwasser-Archäologen, ein legendäres Wrack zu erkunden: Ein humanoider Tauchroboter ist vor kurzem erstmals zum Schiffswrack der „La Lune“ getaucht, einem der Flaggschiffe des Sonnenkönigs Ludwig XIV. Das Schiff sank 1664 vor der Küste Südfrankreichs und wird erst seit kurzen erforscht. Dank seiner menschenähnlichen Gestalt und modernster Sensortechnik kann der Tauchroboter dabei wertvolle Dienste leisten.

Der Untergang

Der Dreimaster „La Lune“ war einst der Stolz der französischen Flotte: Mit 36 Kanonen ausgerüstet und eine Besatzung von 800 Mann diente das Schiff dem Sonnenkönig Ludwig XIV als Flaggschiff. Im November 1664 jedoch waren Schiff und Mannschaft in eher schlechtem Zustand, denn sie kehrten von einer Expedition an die Küste Nordafrikas zurück. An Bord befanden sich neben der Besatzung auch einige Vertreter des französischen Hochadels. Vor Toulon muss die „La Lune“ jedoch zunächst Anker werfen, weil der Hafenkommandant sie aus Angst vor der Pest erst nach einer Quarantäne einlaufen lassen will.

Doch dazu kommt es nicht: Als sich das Schiff wieder vom Hafen entfernt, bricht es plötzlich auseinander und sinkt wie ein Stein – so berichten es historische Aufzeichnungen. Mehr als 700 Menschen ertrinken und auch die Fracht ist verloren. Weil Ludwig XIV dieses Unglück vertuschen lässt, gerät das Wrack schnell in Vergessenheit. Erst 1993 wird es in wiederentdeckt: Es liegt rund 30 Kilometer vor der französischen Küste in rund 100 Metern Tiefe unter einer dicken Sandschicht begraben.

„Kollege Roboter“ hilft Archäologen

Die Tiefe des Wracks und seine Lage mitten in einem militärischen Sperrgebiet haben bisher verhindert, dass mehr als nur oberflächliche Erkundungen durchgeführt werden konnten. Nur wenige Teile, darunter eine Kanone, sind bisher aus dem Wrack geborgen worden. Seit gut 350 Jahren hat zudem kein Mensch die Überreste des Schiffs berührt.

Jetzt jedoch bekommen die Unterwasser-Archäologen Unterstützung von einem Helfer der besonderen Art: einem humanoiden Tauchroboter. Er ist jetzt erstmals zum Wrack der La Lune hinab getaucht. OceanOne, so der Name des Roboters, hat keine Ähnlichkeit mit den eher kastenförmigen Tauchrobotern herkömmlicher Machart. Stattdessen sieht er einem menschlichen Taucher verblüffend ähnlich: Er besitzt einen Kopf mit zwei nebeneinander stehenden Kameraaugen und zwei bewegliche Arme mit hochsensiblen Händen. Im unteren Rumpfbereich des Roboters sitzen die Antriebsdüsen.

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Wendig und vielseitig

Der große Vorteil dieses Designs: Durch seine schmale, menschenähnliche Form ist der Tauchroboter besonders gut dafür geeignet, in der Enge eines Wracks oder in einem Korallenriff zu agieren, ohne sich oder seine Umgebung zu beschädigen. Zudem korrigiert er selbstständig seine Position, um Turbulenzen und Strömungen auszugleichen.

Und die beiden frei beweglichen Arme können dem Roboter im Ernstfall aus der Klemme helfen – wie sich beim Tauchgang des Roboters zum Wrack der „La Lune“ zeigte. Denn als OceanOne durch die Überreste des Schiffs schwamm, verkeilte er sich plötzlich zwischen zwei Kanonen. Selbst im Rückwärtsgang konnte er sich nicht mehr befreien, wie Oussama Khatib von der Stanford University erzählt, der bei diesem Tauchgang den Roboter mittels Fernsteuerung kontrollierte. Dann kam ihm die rettende Idee: Über seine Joysticks bewegte er die Arme des Tauchroboters und ließ diesen eine Art Liegestütz vollführen. Durch diese Operation kam OceanOne frei.

„Ich fühle, was der Roboter fühlt!“

Doch das eigentlich Besondere an diesem robotischen Unterwasserhelfer sind seine Sensoren: Sie geben dem steuernden Menschen unmittelbare Rückmeldung über die Vibration und Bewegung der Joysticks. Dies vermittelt ihm nicht nur, wie sich der Roboter gerade bewegt, sondern auch, wie viel Kraft er beispielsweise beim Greifen ausübt – was gerade im Umgang mit fragilen Fundstücken entscheidend sein kann. „Man fühlt genau, was der Roboter gerade tut“, beschreibt Khatib. „Es ist fast, als sei man selbst dort unten.“

Am Wrack der „La Lune“ schwebte OceanOne zunächst über den Wrackteilen, bis Khatib eine kleine, kugelförmige Vase entdeckte. Er streckte seine Hand aus, umfasste das Fundstück behutsam und steckte zur Sicherheit einen Finger in das Vaseninnere, um einen besseren Griff zu haben. Mit seiner kostbaren Fracht schwamm der Roboter dann zum Sammelkorb und deponierte die Vase darin. Nach rund 350 Jahren am Meeresgrund wurde sie nun geborgen und gelangte zum ersten Mal wieder an die Oberfläche zurück.

Für OceanOne war der Tauchgang zur „La Lune“ eine Premiere, doch seine Schöpfer hoffen, dass er und seine Nachfolger in Zukunft noch bei der Erkundung von vielen weiteren Schiffswracks helfen werden. „OceanOne ist dabei quasi unser Avatar – er soll es uns ermöglichen, virtuell zu tauchen, ohne dass ein Mensch sich in Gefahr bringt“, erklärt Khatib.

Quelle: Stanford University
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