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„Starbucks“ des 18. Jahrhunderts entdeckt

Geschichte|Archäologie

„Starbucks“ des 18. Jahrhunderts entdeckt
Einige der 250 Jahre alten Funde aus dem Kaffeehaus in Cambridge. (Foto: Cambridge Archaeological Unit)

Mehr als nur Kaffee und Snacks: Archäologen haben im britischen Cambridge die bisher größte Sammlung von Überresten eines alten Kaffeehauses entdeckt. Die rund 500 Fundstücke geben einen einzigartigen Einblick in die englische Kaffeehauskultur des späten 18. Jahrhunderts. Sie enthüllen dabei unter anderem, dass die frühen Coffeehouses neben Kaffee und Tee auch alkoholische Getränke und deftige Speisen servierten.

Kaffeehaus-Boom vor 250 Jahren

Cafés und Coffeeshops sind keine neue Erfindung: Bereits kurz nach Einführung des Kaffees nach Großbritannien entstanden dort die ersten Kaffeehäuser und erfreuten sich steigender Beliebtheit. Um 1750 gab es in England bereits tausende solcher Coffeehouses. Erst mit dem Aufkommen des Teetrinkens gegen Ende des 18. Jahrhunderts endete der Boom der englischen Kaffeehauskultur. „Kaffeehäuser waren damals wichtige soziale Zentren“, erklärt der Archäologe Craig Cessford von der University of Cambridge. „Bisher allerdings wurden relativ wenige archäologische Zeugnisse aus solchen Kaffeehäusern gefunden.“

Das hat sich nun geändert: Bei Ausgrabungen in einem zugeschütteten Kellerraum auf dem Gelände des St. Johns College in Cambridge haben die Archäologen in den letzten Jahren die bisher größte Ansammlung von Fundstücken aus einem frühen englischen Kaffeehaus entdeckt. Sie stießen inmitten von Schutt auf mehr als 500 gut erhaltene Objekte aus der Zeit von 1740 bis 1770.

Einzigartige Zeitkapsel

Unter den Fundstücken sind neben Kaffeetassen, Zuckerdosen, Milchkännchen und Kaffeekannen auch Teetassen, Teller, Servierplatten, Schalen und Saucenbehälter. Auch Besteck und Utensilien für die Herstellung von Torten, Gelees und anderen Süßspeisen entdeckten die Archäologen in dem alten Kellerraum. Die Artefakte geben einen einzigartigen Einblick in ein Kaffeehaus des 18. Jahrhunderts und dessen Besucher.

„Das ist das erste Mal, dass wir eines in so großer Tiefe untersuchen können“, sagt Cessford. Aus historischen Aufzeichnungen geht hervor, dass diese Gegenstände einst zum Kaffeehaus „Claphams“ gehörten, einem in den 1740er Jahren von dem Ehepaar William und Jane Clapham eröffneten Etablissement. Dieses war sowohl bei den Studenten der Universität als auch bei den Stadtbewohnern damals offenbar sehr beliebt.

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Lammhaxe, Austern und Kalbsfuß-Gelee

Wie die Funde enthüllen, waren die Kaffeehäuser damals jedoch mehr als reine Cafés: Die Forscher fanden neben dem Geschirr auch Tierknochen, die darauf hindeuten, dass die Gäste des „Claphams“ auch deftige Speisen wie Lammhaxe, Schwein, Kaninchen, Huhn und Gans genossen. Meeresfrüchte wurden ebenfalls im Kaffeehaus serviert, wie Austernschalen und Gräten von Aalen, Heringen und Makrelen belegen. Eine besondere Spezialität des Hauses könnte Kalbsfuß-Gelee gewesen sein – eine damals sehr beliebte Speise. Denn unter den Fundstücken im Keller waren auch 18 Einmachgläser und zahlreiche Fußknochen junger Kälber, wie die Forscher berichten.

Weinflaschen und -gläser sprechen dafür, dass im Kaffeehaus auch reichlich Alkohol floss. Die Archäologen fanden zudem einige zweihenkelige Trinkschalen, wie sie damals gerne für den Genuss von mit Wein oder Bier versetzter Milch genutzt wurden. „In vieler Hinsicht ähnelten die Aktivitäten im Claphams eher denen in einem heutigen Gasthaus als in einem Café“, sagt Cessford.

Sozialer Treffpunkt

Nach Ansicht der Archäologen spricht einiges dafür, dass die Besucher des Kaffeehauses sich dort deutlich länger als nur auf einen Kaffee aufhielten. Stattdessen verbrachte man dort typischerweise den ganzen Abend und richtete sich dabei häuslich ein. Einige Gäste könnten sogar ihre Lieblingsspeisen bei benachbarten Restaurants bestellt haben, wenn diese nicht auf der Speisekarte des Claphams standen, wie die Forscher berichten.

Neben warmen Mahlzeiten, Desserts und Getränken aller Art versorgte das Kaffeehaus seine Gäste auch gleich mit dem neuesten Klatsch und Tratsch und diente als sozialer Treffpunkt. Ein Studentenreim aus dem Cambridge des Jahres 1751 nennt das Claphams sogar beim Namen: „Dinner over, to Toms or Claphams I go. The news of the town so impatient to know.“

Die Blütezeit des Claphams endete wahrscheinlich gegen 1770, als Jane Clapham nach dem Tod ihres Mannes das Lokal aufgab und in den Ruhestand ging. Die Kellerräume des Kaffeehauses wurden dabei offenbar einfach zugeschüttet und blieben für rund 250 Jahre vergessen. „Auch wenn das Claphams nur eines von tausenden von Kaffeehäusern der damaligen Zeit war, gibt es uns eine klarere Vorstellung als jemals zuvor, wie diese Orte aussahen“, sagt Cessford. „Diese Funde helfen uns gleichzeitig dabei, künftig die archäologischen Relikte anderer Kaffeehäuser zu erkennen.“

Quelle: University of Cambridge
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